Yoga - kreativ, ehrlich, reflektierend
Die Wirkweise der āsana ist nicht mechanistisch. Unser Körper ist ein über rund vier Milliarden Jahr gereiftes, hochkomplexes und intelligentes System. Zum Beispiel wird oft behauptet, der Kopfstand śīrṣāsana verbessere die Durchblutung des Gehirns, das wiederum solle die Denkfähigkeit positiv beeinflussen. Oder der Schulterstand sarvaṅgāsana beeinflusse die Funktion der Schilddrüse. Dies können Wirkungen der asana sein.
Meine Vermutung ist eher die, dass āsana keine linear-mechanische Wirkung auf bestimmte Organe haben. Das klingt mir zu einfach. Sie helfen vermutlich in der Regel auch nicht direkt gegen eine spezifische Krankheit oder spezielle Beschwerden – indirekt denke ich schon. Yoga im Allgemeinen und āsana im Besonderen lösen bei uns Menschen nämlich höchst unterschiedliche, individuelle und nicht vorhersagbare Reaktionen aus.
Yoga aktiviert in seiner Gesamtheit die inneren Ressourcen eines Menschen. Diese Ressourcen sind grundsätzlich auf Lebenserhaltung und Entwicklung ausgerichtet. Alle Lebensprozesse streben natürlicherweise in Richtung Gesundheit – physisch, psychisch und seelisch. Dies spiegelt die Vielseitigkeit des Hatha Yoga wider. Den einen und richtigen Yoga gibt es aber nicht. Yoga ist zwar eine 2000 Jahre alte Methode, leitet sich allein daraus bereits ein Mehrwert ab? Oder eine Seriosität? Ich meine Nein. Zumal die heute meist im Vordergrund stehenden āsana gerade mal ca. 100 Jahre alt sind. Und: Wie Yoga heute gelehrt und vermittelt wird, hängt von vielen, sehr verschiedenen Einflüssen ab.
Für mich ist Yoga gelebte Achtsamkeit.
Mit dem Fokus mehr auf Körpersicherheit als auf Körperpräzision. Modern gelebtes Yoga respektiert die Komplexität und Vielschichtigkeit des Menschen – auch hinsichtlich möglicher Einschränkungen, Krankheiten und einer gewünschten Heilung. Yoga ist für mich ein offenes System. Kein Dogma. Yoga meint für mich Offenheit gegenüber modernen Erkenntnissen der Medizin und der Wissenschaft.
Und gleichzeitig lebt in Yoga die Erkenntnis, dass alles Wissen der Welt nicht hinreichend die Komplexität und Vielschichtigkeit des Menschseins in seiner Gesamtheit erklären kann. Und das ist auch gar nicht nötig. Denn jeder Mensch kann am eigenen Leib erfahren, was ihn guttut! Jeder Mensch selbst weiß es am besten! Und eine regelmäßige Yogapraxis führt ihn genau dorthin - indem er verloren gegangenes Gespür, Achtsamkeit, Vertrauen und die Liebe für den eigenen Körper reaktiviert.
Yogapraxis ist ein durchgreifender Impuls, der deine Lebensdynamik aktiviert - uns zwar verlässlich in Richtung körperlicher, mentaler und emotionaler Gesundheit.